
Laut Reuters haben die EU-Zollbehörden im Jahr 2024 etwa 4,6 Milliarden kleine E-Shop-Pakete bearbeitet. Davon stammten bis zu 91 % aus China, was einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der massive Anstieg der Bestellungen bei Plattformen wie Shein, Temu und Alibaba hat den Druck für strengere Vorschriften erhöht.Was schlägt die Kommission vor?
- 2 € Gebühr für jedes Paket, das aus dem Ausland direkt an Kunden geliefert wird
- 0,50 € Gebühr für Pakete, die in Lagern innerhalb der EU bearbeitet werden
- Beibehaltung der Zollbefreiung für Pakete bis 150 € bis 2028, obwohl die Kommission vorgeschlagen hat, diese Grenze in Zukunft abzuschaffen
Die Gebühr soll die Kosten decken, die den Zollbehörden durch die Einhaltung der europäischen Vorschriften entstehen, z. B. in Bezug auf die Sicherheit von Spielzeug oder die Produktqualität. Der Vorschlag muss noch vom Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten gebilligt werden. Frankreich hat sich bereits für die Maßnahme ausgesprochen.
Auswirkungen auf den elektronischen Handel
Nach Ansicht von Bernd Lange, dem Vorsitzenden des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments, ist die Verarbeitung von Milliarden von Paketen ohne angemessene Kontrollen nicht tragbar. Deshalb hält er es für fair, von großen Plattformen wie Temu, Shein und Alibaba einen Beitrag zu verlangen.
Der Vorschlag sieht auch vor, dass die Verkäufer und nicht die Kunden die Gebühr tragen sollen. Damit soll die Preistransparenz auf den Plattformen erhalten bleiben.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission wurde von mehreren europäischen Akteuren begrüßt. Zalando unterstützt ihn, fordert aber auch eine schnellere Abschaffung der Zollbefreiung für Pakete bis zu 150 Euro. Der polnische E-Commerce-Marktführer Allegro bezeichnete den Vorschlag als einen Schritt in die richtige Richtung und betonte, dass die konkreten Umsetzungsbedingungen entscheidend sein werden. Er weist insbesondere darauf hin, dass die Vorzugsgebühr von 50 Cent für Waren, die in europäischen Lagern verarbeitet werden, große globale Unternehmen mit umfangreicher Infrastruktur begünstigen könnte, während kleinere Unternehmen weiterhin den vollen Satz zahlen müssten. Der deutsche Einzelhandelsverband HDE hat sich ähnlich geäußert und den Vorschlag als Instrument zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs begrüßt, aber ebenfalls die vollständige Abschaffung der Zollbefreiung gefordert. Europa lässt sich auch von den Entwicklungen in den USA inspirieren, wo die Zollbefreiung für Pakete bis zu 800 Dollar diesen Monat abgeschafft wurde. Die amerikanische Politik signalisiert damit eine härtere Gangart gegenüber billigen grenzüberschreitenden Einkäufen.
Nach jahrelanger Kritik kommen nun konkrete Maßnahmen
Die Einführung der Bearbeitungsgebühr ist ein klares Signal, dass die EU die Wettbewerbsbedingungen zwischen inländischen und ausländischen Verkäufern angleichen will. Direktimporte von Billigwaren aus Asien stoßen auf neue Hürden und sind nicht mehr so vorteilhaft wie früher. Für globale Plattformen bedeutet dies, dass sie ihre Logistik, Preispolitik und Steuerregelungen überdenken müssen, wenn sie in Europa weiter wachsen wollen. Aus Sicht der europäischen E-Shops und Verbände, die den chinesischen Giganten seit langem systematische Steuerhinterziehung, unterschiedliche regulatorische Belastungen und Dumpingpreise vorwerfen, ist dies eine willkommene Wende. Nach jahrelangen Beschwerden, Forderungen und Analysen gibt es nun die erste konkrete Maßnahme, die die Marktrealität tatsächlich verändern könnte.